Der NSU-Prozess scheint auf sein Ende zuzugehen. Eine gesellschaftliche
Auseinandersetzung mit den rassistischen Strukturen, in denen der NSU
hat agieren können, hat noch kaum begonnen. Charlie Kaufhold analysiert
in ihrem Buch die Zeitungsberichterstattung über die Hauptangeklagte im
Münchner NSU-Prozess Beate Zschäpe aus Genderperspektive. Dabei geht sie
der Frage nach, wie die stark vergeschlechtlichten Darstellungsweisen
von Zschäpe historisch und politisch zu erklären sind. Die zentrale
These hierzu ist: Die Dominanzgesellschaft erhält durch die
vergeschlechtlichte Berichterstattung über Zschäpe die Möglichkeit, sich
nicht mit eigenen (rassistischen) Strukturen beschäftigen zu müssen. Und
das hat historische Vorläufer…
Eine putzige Diddl-Maus mit rosa Hauspuschen (Süddeutsche Zeitung) oder
ein Teufel, der sich zu Prozessbeginn schick gemacht hatte
(Bild-Zeitung) – in der Berichterstattung über Beate Zschäpe gibt es
wenig Erkenntnis über ihre Rolle im NSU. Das einzige, was gesichert
scheint, ist: Zschäpe ist eine Frau, und das ist relevant. In diesem
Buch werden erstens anhand eines repräsentativen Ausschnitts der
Zeitungsberichterstattung die Darstellungsweisen von Zschäpe –
insbesondere in Hinblick auf Geschlecht – genau betrachtet. Zweitens
wird der Frage nachgegangen, wie diese spezifische Form der
Berichterstattung historisch und politisch zu verstehen ist. Dazu werden
Verbindungslinien zu dem Umgang mit TäterInnenschaft und Schuld in
Anschluss an den Nationalsozialismus gezogen und der Blick auf die
Dominanzgesellschaft gerichtet. Diese erhält durch die
vergeschlechtlichte Berichterstattung über Zschäpe die Möglichkeit, sich
nicht mit eigenen (rassistischen) Strukturen beschäftigen zu müssen.
Wann: Mittwoch 27.01.2016, Start 19:00
Wo: Friedel 54, Friedelstraße 54 12047 Berlin (U8/U7 Hermannplatz)
Es gibt dazu eine KüFa!